Bei der verzweifelten Suche nach Behandlungsmöglichkeiten von COVID-19 ergeben sich oft Möglichkeiten, an die man im ersten Moment gar nicht denkt. Und nichts beschreibt diese Situation besser als ein Aussprich Goethes: „Suchen und irren ist gut, denn durch sie lernt man neue Wege kennen.“
Neue Wege gingen auch Wissenschaftler um Anatoly Chernyshev und suchten mit Hilfe des Computermodellings nach einem Hemmstoff für das Corona-Hüllprotein. 6000 Substanzen wurden dabei unter die Lupe genommen. Dieses Hüll-Protein, ein E-Protein, ist die Bindestelle zum Anheften an die Wirtszelle bzw. ihrem Golgi-Apparat. Wenn das Virus nun an den Wirt andockt, kommt es, wie mittlerweile bekannt, zu der gefürchteten Überreaktionen des Immunsystems. Als einer der aussichtsreichsten Kandidaten, der das Hüllenprotein hemmen kann, erwies sich Temoporfin, der Inhaltsstoff von Foscan® der biolitecPharma Ltd. in Jena.
In einem weiteren Ansatz wurde, ebenfalls per Computersimulation, nach einem Hemmstoff der wichtigsten Protease des Virus gesucht. Mit dieser Protease spaltet das Virus die Eiweißstoffe der Wirtszelle wodurch diese zugrunde gehen kann. Neben 7922 untersuchten Stoffen erwies sich auch hier Temoporfin als die erfolgversprechendste Substanz.
Beide Studien sind als Vorveröffentlichungen auf einem Pre-Print Server (ChemRxiv) online gestellt worden.
Was ist denn nun Temoporfin für ein Stoff, mit dem gleich zwei wichtige und voneinander unabhängige Prozesse des SARS-CoV-2 Virus gehemmt werden können?
Temoporfin ist ein Photosensibilisator und wird in der photodynamischen Therapie (PDT) bei Plattenepithelkarzinomen im Kopf und Nackenbereich bei Patienten angewandt, bei denen keine der üblichen Standard-Therapien wie Operation, Bestrahlung oder Chemotherapie angeschlagen hat, oder bei denen es zu einem Tumorrezidiv gekommen ist.
Nach Verabreichung an den Patienten wird Temoporfin von elektromagnetischen Wellen im Bereich es sichtbaren Lichts aktiviert und dringt tief ins Tumorgewebe ein. Dort kommt es zur Bildung von einer reaktiven Sauerstoffart, die zum Untergang der Tumorzellen beiträgt.
Unter dem Namen Foscan® wurde es 2001 von der europäischen Zulassungsbehörde EMA (European Medicine Agency) zugelassen.
Durch seine Möglichkeit der Enzymblockade verfügt Temporfin über antimikrobiellen Eigenschaft gegen therapieresistente Keime wie es eine Vielzahl von Viren sind und kann daher auch bei der Desinfektion von Oberflächen oder Textilien, die mit SARS-CoV-2 in Berührung kommen, Verwendung finden.
Natürlich müssen nun sowohl präklinische als auch klinische Studien durchgeführt werden. Auch wenn diese, wie bekannt, lange dauern, bis alle Vorgaben erfüllt werden, haben wir doch ein Fünkchen Hoffnung, dass dieser neuartige Ansatz uns dabei helfen kann, die Pandemie in den Griff zu bekommen.
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