An der Universität Mannheim entdeckte man eine neue Ursache von Nebenwirkungen bei Omega-6-Fettsäuren. Gemeinsam mit Forschern aus Heidelberg, Frankfurt und dem chinesischen Hangzhou ist es Mannheimer Wissenschaftlern in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. med. Jens Kroll gelungen, den Abbau von Omega-6-Fettsäuren zu untersuchen und neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie deren Oxidationsprodukte den Stoffwechsel beeinflussen.
Omega-Fettsäuren sind nach landläufiger Meinung gut für die Gesundheit, doch dieser Glaube ist jetzt erstmals ins Wanken geraten. Nicht nur epidemiologische Studien, sondern auch ein sogenannter Rote-Hand-Brief, in dem acht Pharmaunternehmen über Risiken im Zusammenhang mit Omega-3-Fettsäuren informieren (BfArM, 16.11.2023), zeigen, dass das Thema komplexer ist als bisher angenommen.
Omega-6-Fettsäuren werden wie Omega-3-Fettsäuren zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren gezählt. Und genau wie diese haben auch sie eine Reihe von Funktionen im Körper und müssen dem Körper über die Nahrung zur Verfügung gestellt werden. Widersprüchlich ist die Rolle der Omega-6-Fettsäuren bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Einerseits vermindern Omega-6-Fettsäuren vermutlich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, indem sie den Blutfettspiegel und den Blutdruck positiv beeinflussen. Andererseits steht ein Zuviel dieser essentiellen Fettsäuren im Verdacht, über eine entzündungsfördernde Wirkung frühe Stadien der Gefäßverkalkung zu induzieren und damit wiederum Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu begünstigen.
Forscher der beteiligten Universitäten nahmen die Thematik von einer neuen Seite her an, indem sie das Oxidationsprodukt tt-DDE untersuchten, das auch in Dämpfen von Speiseöl reichlich vorhanden ist. Um zu verstehen, was erhöhte tt-DDE Spiegel bewirken können, mussten sie zunächst herausfinden, welches Enzym das tt-DDE abbaut. Sie entdeckten, dass die Aldehyd-Dehydrogenase 9a1b diese Aufgabe übernimmt: Schaltet man dieses Enzym aus, so steigen die tt-DDE Spiegel. Mit Hilfe des Zebrafischs wurde ein Modell entwickelt, mit dem sich die Auswirkungen hoher tt-DDE Spiegel erforschen lassen. Dabei stellte man fest, dass mit einem erhöhten tt-DDE Spiegel eine Störung des Zuckerstoffwechsels einhergeht – vergleichbar mit einem milden Diabetes – sowie eine Störung der Funktion und Bildung von Blutgefäßen, wie sie ebenfalls für Diabetes typisch ist.
In der Folge konnten die Forscher nachweisen, dass tt-DDE die Funktion des Insulinrezeptors hemmt, indem es an diesen bindet. Die blutzuckersenkende Wirkung des Insulins, das im gesunden Organismus unter anderem den Glukosetransport aus dem Blut in die Zelle aktiviert, kann sich dadurch nicht entfalten und ist vermutlich für die beobachtete Überzuckerung des Blutes verantwortlich. Bei der Untersuchung eines Abbauprodukts von Omega-6-Fettsäuren wurde eine neue Funktion der Aldehyd-Dehydrogenase 9a1b entdeckt. Da das Enzym den Spiegel an tt-DDE reguliert, ist es auch ein wichtiger Regulator des Glukosemetabolismus und könnte ein wichtiger Bestandteil bei der Entstehung der Diabeteserkrankung sein.
Das wirft eine wichtige Frage auf. Auch ihr wollen die Wissenschaftler nachgehen: Gibt es Menschen mit einem milden Diabetes, der durch eine Fehlfunktion der Aldehyddehydrogenase 9a1 verursacht wird - und könnte Aldehyddehydrogenase 9a1 der Schlüssel zu einer neuen Therapie sein?
Den beteiligten Forschern ist mit dieser Arbeit ein wichtiger Meilenstein im Verständnis gelungen, wie Oxidationsprodukte der Omega-6-Fettsäuren den Stoffwechsel beeinflussen. Und diese Erkenntnisse könnten möglicherweise auch etwas Licht in die doch etwas komplexeren Wirkungen von Omega-Fettsäuren bringen.
Quelle: PM Uni Mannheim, 12-23, Originalpublikation