Schon seit Langem gilt die Depression als Volkskrankheit, von der bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie rund 8,2 Prozent der erwachsenen Deutschen betroffen waren. Das bedeutete: Jeder 5. oder 6. Erwachsene erkrankte in seinem Leben wenigstens einmal. Diese ohnehin hohe Zahl stieg in den letzten 24 Monaten kräftig - und die Folgen sind noch gar nicht abzusehen.
Eine Zusammenfassung aktueller Statistiken und Studien zum Thema Depression belegt, dass die Prävalenz dieser Krankheit deutlich gestiegen ist: Wurden im Jahr 2016 noch 5,3 Millionen erwachsene Deutsche bzw. 8,2 Prozent als Erkrankte, machen die aktuellen Krankheitsfälle mit rund 6 Millionen bereits 9,38 Prozent aus.
Zu einem ähnlich besorgniserregenden Ergebnis kommt eine Studie, die das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung durchgeführt hat: Demnach waren Jugendliche im Alter von 16 bis 19 Jahren vor der Pandemie zu rund zehn Prozent von einer Depression betroffen - bereits im Frühsommer 2020, also nach dem ersten Lockdown, ist der Anteil auf 25 Prozent gestiegen.
Hinter uns liegen viele Monate voller Einschränkungen. Der erste Lockdown brachte das gesamte Land zum Stillstand - es entstand eine surreale Situation, die vollkommen neu war: Autobahnen und Städte waren wie leergefegt, in den Supermarktregalen klafften erhebliche Lücken, wo sonst das Leben pulsierte, war es plötzlich unnatürlich ruhig. Weckten diese Erfahrungen vor allem bei alten Menschen schlimme Erinnerungen, sahen sich Jünger mit einer Situation konfrontiert, die sie nicht fassen, nicht begreifen konnten.
Auch die folgenden Monate, in denen die Infektionswellen kamen und gingen, aber mit immer drastischeren Maßnahmen bekämpft wurden, hinterließen ihre Wirkung: Bedeckte Gesichter wurden zur Normalität, eine Begrüßung zur komischen Verrenkung, soziale Kontakte zur Seltenheit. Diese Einsamkeit war gepaart mit der wachsenden Angst, sich mit Corona zu infizieren - die täglich über alle Kanäle gemeldeten Zahlen und Nachrichten über volllaufende Krankenhäuser trugen ihr Übriges dazu bei.
Während sich diese Ängste glücklicherweise oft genug als unbegründet erwiesen, sahen sich viele Deutsche ganz direkt von den Folgen der Pandemie bzw. der verhängten Maßnahmen betroffen: Familien litten unter der Mehrfachbelastung durch Kinderbetreuung und Home-Office, unterschiedlichste Unternehmen mussten schließen, der Verlust des Arbeitseinkommens verursachte zusätzlich finanzielle Existenzängste. Diese zahlreichen Stressfaktoren können durchaus die Entwicklung einer Depression begünstigen oder bereits Erkrankte noch weiter unter Druck setzen - und ganz offensichtlich ist das bei immer mehr Menschen der Fall.
Das Schwierige: Eine Depression bricht nicht von heute auf morgen aus, vielmehr entwickelt sie sich sukzessive und lässt sich nicht so leicht greifen. Einige Anzeichen, vor allem Kombinationen daraus, sind jedoch typisch: Lassen sich zwei Kern- und zwei Nebensymptome, die über mehr als zwei Wochen auftreten und sich beeinträchtigend auf das Leben auswirken, diagnostizieren, liegt der Verdacht auf eine Depression nahe:
Erkennen Betroffene ihre Situation, konsultieren sie in der Regel ihren Hausarzt - um einerseits zu erfahren bzw. bestätigt zu bekommen, was mit ihnen passiert, andererseits um Hilfe zu erhalten. Diesem bleibt jedoch nur die Verordnung von stimmungsaufhellenden Medikamenten und die Überweisung an einen geeigneten Therapeuten. Und dann beginnen die Probleme erst recht: Die Wartezeit auf einen Therapieplatz war bis zur Pandemie bereits erheblich, nun müssen - bei allen regionalen Unterschieden - Erkrankte viel zu lange auf die so wichtige Behandlung warten.
Umso wichtiger sind einige Maßnahmen, die depressive Menschen selbst ergreifen können:
Aufstehen, Arbeiten oder Lernen, Essen und Freizeit - eine klare Struktur gibt Sicherheit, aber eben auch die Möglichkeit, erledigte Dinge abzuhaken und daraus Befriedigung zu ziehen. Entwickelt sich daraus eine Routine, üben sich die Betroffenen in Achtsamkeit und Selbstfürsorge - ein probates Mittel bei einer Depression.
Regelmäßige Bewegung wie Fahrradfahren oder Joggen sind in dieser Phase absolut wichtig, um aus dem tiefen Loch wieder herauszufinden.
Auch wenn es schwerfällt oder in der Quarantäne zusätzlich kompliziert ist: Depressive Menschen brauchen Familie und Freunde - und wenn auch nur am Telefon, per Chat oder Video. Nur die offene Kommunikation über die Probleme befähigt das Umfeld dazu, mit der Depression umgehen zu können.
In einer Depression leiden viele Betroffen unter Schlaflosigkeit, die dann wiederum zu Müdigkeit führt. Je mehr Zeit sie jedoch im Bett verbringen, desto größer wird das Erschöpfungsgefühl - und damit auch die Depression. Eine klare Struktur hilft dabei, Wach- und Schlafzeiten konsequent einzuhalten.
Die Psychotherapeuten verzeichnen zwar eine zunehmende Anzahl an Anfragen, von den fünf pro Woche im Januar 2020 stiegen die Nachfragen auf durchschnittliche sieben im Januar 2021, doch lohnt es sich, dranzubleiben. Zunächst geht es darum, die Depressionen Symptome abzumildern, um in Ruhe den Ursachen der Depression auf den Grund gehen zu können.
Droht die Situation zu eskalieren, dann sollten sich Erkrankte direkt an Akutklinik in der Region wenden.
Depressionen sind nach wie vor nicht komplett erforscht, doch Fakt ist: Sie sind für rund 50 Prozent der Suizide maßgeblich verantwortlich. Umso wichtiger sind umfassende Untersuchung und gezielte Behandlung.
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