Funktionelle Bewegungsstörungen und ihre Verbindung zu Parkinson: Symptome, Ursachen und neue Therapien
Autor:in: SvL • Datum: 25.01.2025
Unwillkürliche Zuckungen, häufiges Stolpern, verschütten von Flüssigkeiten etc. gehören zu jenen Symptomen, die auf verschiedene Funktionsstörungen des Nervensystems oder anderer Körperbereiche hinweisen können
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Funktionelle Bewegungsstörungen (Functional Movement Disorders, FMD) - ©MD AI
Funktionelle Bewegungsstörungen (Functional Movement Disorders, FMD)
An diesen häufig auftretenden neurologischen Erkrankungen leiden weltweit Millionen von Menschen. Die Symptome machen sich meist plötzlich und ohne bewusste Kontrolle bemerkbar, was für Betroffene nicht nur unangenehm, sondern auch äußerst gefährlich sein kann. Das gilt insbesondere für Situationen wie dem Gehen auf unebenem Boden oder beim Treppensteigen.
Schon deswegen sollten unwillkürliche Zuckungen und Stolpern ernst genommen werden, vor allem wenn sie regelmäßig auftreten. Eine frühzeitige ärztliche Abklärung ermöglicht eine gezielte Behandlung und hilft, Folgekomplikationen zu vermeiden.
Mögliche Ursachen
Neurologische Ursachen
- Essenzielle Myoklonien nennt man kurzzeitige, unwillkürliche Muskelzuckungen, die überwiegend harmlos sind, aber auch durch neurologische Störungen hervorgerufen werden können.
- Parkinson-Krankheit zählt zu den wohl bekanntesten Ursachen. Sie kann in frühen Stadien mit unkontrollierten Bewegungen oder einem plötzlichen Kontrollverlust über die Beine einhergehen. Studien zeigen, dass Männer häufiger an Parkinson erkranken als Frauen, wobei der genaue Grund dafür noch nicht abschließend geklärt ist. Es wird vermutet, dass hormonelle Unterschiede sowie genetische und umweltbedingte Faktoren eine Rolle spielen.
- Epileptische Anfälle: Bestimmte Formen von Epilepsie können Zuckungen oder motorische Störungen verursachen.
- Polyneuropathie geht mit Schäden an den peripheren Nerven einher. Diese können zu Muskelzuckungen und Koordinationsproblemen führen.
Muskuläre Ursachen
- Muskelkrämpfe oder Spasmen werden oft ausgelöst durch Elektrolytstörungen (z. B. Kalium- oder Magnesiummangel) oder Überanstrengung.
- Dystonien sind Muskelkontraktionen, die zu unwillkürlichen Bewegungen oder Haltungsveränderungen führen.
Psychosomatische Faktoren
- Stress und Angst können muskuläre Anspannungen auslösen, die in Zuckungen oder plötzlichen Bewegungen resultieren.
- Hyperventilation kann die Muskelfunktion durch veränderte Sauerstoff- und CO₂-Werte im Blut beeinflussen.
Medikamente oder Substanzen
- Nebenwirkungen: Bestimmte Medikamente wie Antidepressiva, Antipsychotika oder Antiepileptika können unwillkürliche Zuckungen hervorrufen.
- Entzug, ob von Alkohol oder Drogen, kann Muskelstörungen oder Krämpfe zur Folge haben.
Störungen der Koordination
- Ataxie nennt man eine gestörte Bewegungskoordination, die häufig mit Stolpern oder unpräzisen Bewegungen einhergeht.
- Zentrale Nervenschäden, besonders nach einem Schlaganfall oder bei Multipler Sklerose, führen mitunter ebenfalls zu unwillkürlichen Bewegungen und Stolpern.
Diagnostik
Nachstehende Untersuchungen sind notwendig, um die genaue Ursache zu ermitteln:
- Neurologische Untersuchungen: Überprüfung von Reflexen, Muskelkraft und Koordination.
- Bildgebende Verfahren: MRT oder CT, um Schädigungen im Gehirn oder Rückenmark sichtbar zu machen.
- Blutuntersuchungen: Zur Feststellung von Elektrolytstörungen oder Entzündungen.
- EEG (Elektroenzephalogramm): Zur Diagnose von Epilepsie oder anderen zentralnervösen Störungen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie richtet sich primär nach der zugrunde liegenden Ursache.
- Medikamentös kann eine Behandlung mit Antikonvulsiva, Muskelrelaxantien oder spezifischen Medikamenten erfolgen, so eine neurologische Erkrankung vorliegt.
- Physiotherapie wird zur Verbesserung der Muskelkoordination und Vermeidung von Stolpern verordnet.
- Ernährung und Supplementierung kann Nährstoffmängel durch gezielte Nahrungsergänzung ausgleichen.
- Stressmanagement mit Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung kann ebenfalls verordnet werdn.
Prävention und Alltagsbewältigung
- Regelmässige Bewegung fördert die Muskelkontrolle und das Gleichgewicht.
- Schuhwerk, wie rutschfeste und gut sitzende Schuhe minimieren das Risiko von Stolpern.
- Bewusste Lebensweise wie Stressabbau und eine ausgewogene Ernährung können vorbeugend wirken.
Studienlage
Forschende aus Trier, Lübeck und Dresden konnten jetzt Hinweise darauf liefern, welche Vorgänge im Gehirn möglicherweise zu den bekannten Symptomen wie Zittern, Krämpfen oder Gangstörungen beitragen.
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die übermäßige Synchronisation von Hirnwellen im Beta-Bereich die Handlungskontrolle bei Betroffenen signifikant beeinträchtigt“, erklärt Dr. Bernhard Pastötter, Co-Autor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung für Kognitive Psychologie und Methodenlehre der Universität Trier. Diese sogenannte „Hyperbindung“ beschreibt eine besonders enge Verknüpfung zwischen Wahrnehmung und Handlung und könnte erklären, warum Betroffene wiederholt unangemessene Handlungen ausführen. Pastötter illustriert dies anhand eines Beispiels: „Stellen Sie sich vor, Sie geben Zucker in einen Kuchenteig. Bei der nächsten Handlung – etwa Zucker in den Kaffee – könnte die Hyperbindung dazu führen, dass Sie unbewusst wieder Zucker in den Teig geben. Das Gehirn hat die Wahrnehmung des Löffels zu eng mit der vergangenen Handlung verknüpft und ruft dieselbe Ereignisdatei nun verstärkt ab.“
Doch anders als bei verwandten Erkrankungen wie Parkinson sind bei funktionellen Bewegungsstörungen keine strukturellen Schäden im Gehirn der Patientinnen und Patienten sichtbar. Stattdessen scheint die Kommunikation zwischen den Hirnarealen gestört zu sein… Doch bei beiden Krankheiten ist jene Hirnregion betroffen, die an der Planung und Steuerung von Bewegungen beteiligt ist.
Doch die Trierer Grundlagenforschung bildet die Basis für weitere Studien, die zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden für funktionelle Bewegungsstörungen beitragen könnten. Es bleibt also spannend!
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