„Levkojn? Wie kommen die hierher?“ So lautet die Frage des Prinzen von Homburg in Kleists gleichnamigem Schauspiel. Und in Anspielung darauf kann man beim Besuch dieser Stadt nördlich von Frankfurt auch fragen: Kaiser, Künstler, Kanzler und Königliche Hoheiten aus Rußland, England und dem Fernen Osten? Wie kommen die hierher? Die Antwort ist in diesem Fall – im Gegensatz zu Kleists Schauspiel – leicht zu geben: Das Mineralwasser aus dem Taunusboden heilte und heilt die Menschen aus aller Welt, vor allem wenn sie innere Schmerzen haben, wenn Magen, Darm, Galle, Leber, Herz und Kreislauf nicht mehr so recht funktionieren.
Johann Wolfgang von Goethe hatte vor 250 Jahren auch Schmerzen, als er hierher kam, aber solche so ganz anderer Art. Er verliebte sich in das Hoffräulein Louise von Ziegler, das ihn aber letztlich nicht erhörte. Und diese Liebespein schilderte er in seinem Gedicht Pilgers Morgenlied – An Lila, einem der schönsten Verse des Dichterfürsten: „Zeuge meiner Wonne, / Als zum erstenmal / Du dem Fremdling / Aengstlich liebevoll / Begegnetest.“ Das Porträt der Dame, im satten roten Kleid der Liebe, hängt heute neben den frühesten Neurenaissance-Malereien Deutschlands im Schloß von Homburg.
Dort breitet sich dem Besucher die farbige und faszinierende Geschichte der Stadt aus, die mittlerweile 53 000 Einwohner zählt. Vom Turm aus sieht man schon sehr eindrucksvoll die Skyline von Frankfurt, erklärte Oberbürgermeister Michael Korwisi. Er sprach vom Heilwasser („eines der besten in Deutschland“), dem Spielcasino („die Mutter von Monte Carlo“), dem Golfplatz („dem ersten auf dem Kontinent“) und dem von Lenné angelegten Kurpark („einer der größten, wenn nicht der größte in Europa“).
Ein Ort, der solche Superlative aufweisen kann, hat natürlich weitere Attraktionen. Direkt in das Kurhaus integriert ist das Hotel Maritim, das mit der Direktorin Tanja Knop an der Spitze zu einem Termin der Extraklasse lud. In Bad Homburg ist es nämlich gelungen, dem Wetter - ob Hitze, Regen oder Schnee - ein Schnippchen zu schlagen. Vor dem Haus breitet sich besagter Kurpark aus, in dem man sich tagelang und sehr kurzweilig aufhalten kann. Vom Hotelzimmer fährt man anderseits im Lift abwärts in den wärmenden Wellness-Bereich. Bademantel und Schlapper liegen oben im großen, appartementartigen Zimmer.
Wie gesagt, das offizielle Kurhaus mit seinen Angeboten ist integriert. Vor und hinter dem Komplex Cafes und ein Biergarten, wo natürlich der weithin bekannte Äppelwein kredenzt wird. Man steht auf, und ist mitten in der Fußgängerzone, die von der Apotheke bis zum Zeitungsstand anbietet, was man eben so braucht, sich wünscht. Fünf Gehminuten entfernt der idyllische Ortskern mit seinen romantischen Häusern, zehn Minuten braucht man zum Schloß und zur gewaltigen Erlöserkirchekirche (der Hagia Sophia Istanbuls nachempfunden).
Des Staunens kommt man wirklich nicht mehr heraus, wenn man den weiten Kurpark durchstreift. Neben der Verkostung mit Heilwasser an verschiedenen Stellen trifft man auf Denkmäler von erstaunlicher Vielfalt. Hier die russische Kirche mit einem weißgekleideten Engel (mit attraktiv weiblichen Zügen) vorne am Altar. Dort der zweite Tennisplatz der Welt. Bilder zeigen, wie um 1900 die Damen in knöchellangen weißen Kleidern zum Match antraten. Heute der glatte Kontrast, blickt man hinüber zum roten Bodenbelag, der hier einst entwickelt wurde und den Siegeszug um die Welt antrat!
Wir sehen eine Säule, die an den zweimaligen Aufenthalt Hölderlins erinnert. Auch er war von Liebespein geplagt. Susettes Erwiderungen auf sein Begehren sind bekannt: „Du bist unvergänglich in mir! Und bleibst, so lange ich bleibe.“ Indes seltsam farbige Gänse kreuzen unsere Wege, wir stehen plötzlich vor dem Bad Kaiser Wilhelms I. mit der prächtigen Kuppel innen (dem Pantheon in Rom nachempfunden), seinen drei klassischen Venus-Darstellungen in Marmor, und einem zauberhaften Cafe im Stile der Zeit Bismarcks, der übrigens auch hier war.
Man könnte (oder müßte) ein Buch schreiben über die großen und kleinen Denkmäler, über die gesellschaftlichen Verflechtungen der Besucher, über die feurigen Homburgerinnen, wenn sie im Schatten wohlbetuchter Herren ihre Chance sahen, weiter über Oscar Wilde, Dostojewski, Elvis Presley und O. W. Fischer, über Königin Sirikit, die sich angetan über die Tempel ihrer Heimat zeigte, schließlich über die Krankenberichte vor und nach dem Aufenthalt so mancher Prominenter hier.
Einen solchen Rapport vermeinen wir heute zu kennen. 1907 weilte lange der siamesische König Chulalongkorn in Bad Homburg. Er erhoffte sich Linderung von seinen vielen Leiden. Doch er starb schon drei Jahre später. Kein Wunder, hörte man im Kurhaus: Chulalongkorn habe nämlich daheim in einem großen Haus allein mit rund 3000 weiblichen Schönheiten gewohnt, in dem mit Abstand größten Harem aller Zeiten und Länder. Offiziell sei er darüber hinaus noch mit 150 Frauen verheiratet gewesen. Deshalb der Schluß: „In solchen Fällen versagt selbst das Heilwasser von Bad Homburg!“
Maritim Kurhaushotel 61348 Bad Homburg, Ludwigstraße 3 Tel.: 06172-660-137
Tourist Info + Service am Kurhaus Louisenstraße 58; 61348 Bad Homburg