“Du wirst doch nicht”! Der Ruf von Großmutter, Mutter oder sonstiger besorgter Verwandtschaft klingt mir noch heute im Ohr, wenn unser Kirschbaum im Garten nicht der Erntewut der Vögel zum Opfer fiel und wieder einmal mit vielen prallen Früchten lockte. Bei der übrigens nicht ungefährlichen Ernte (Kirschholz ist weich und bricht daher leicht) in sengender Sonne kommt unweigerlich Durst auf und man greift zum erfrischenden Getränk. Aber ist Wasser trinken beim Kirschen essen wirklich so gefährlich, wie man es uns noch heute prophezeit und Bauchschmerzen danach sowieso unvermeidlich? Die Bundeszentrale für Ernährung hilft uns diese Frage ein für allemale zu klären.
“Auf der Schale von Kirschen sind, wie bei anderen Obstarten auch, häufig Hefepilze zu finden. Im Magen haben die unerwünschten Keime kaum eine Überlebenschance, da sie von der Magensäure abgetötet werden. Werden jedoch große Mengen von mehr als einem halben Kilogramm in kürzester Zeit gegessen, kann der Magen überfordert sein. Dann vergären die Hefepilze den Zucker aus den süßen Kirschen zu Alkohol. Dabei entsteht Kohlendioxid, das unangenehme Blähungen verursacht. Wer gleichzeitig viel trinkt, kann dazu die Magensäure verdünnen und den Effekt verstärken.
Eine weitere Theorie für den Mythos Kirschen/Wasser ist, dass das Wasser die Kirschen schneller in den Darm befördert und die Hefen so nicht durch die Magensäure abgetötet werden können. Damit könnten sich Fermentationsprozesse im Dickdarm abspielen, die die Beschwerden verschlimmern.
Allerdings wird unser Körper beim Essen und Trinken ständig mit Mikroorganismen konfrontiert, ohne dass es uns Probleme bereitet. „Viel wahrscheinlicher ist, dass die Warnung auf die schlechte Trinkwasserqualität in früheren Zeiten zurückzuführen ist“, sagt Harald Seitz vom Bundeszentrum für Ernährung. Keime im Wasser könnten unabhängig vom Obstverzehr Blähungen und Durchfall verursachen. „Heute ist das Trinkwasser aber von sehr guter Qualität“, so Seitz.
Am besten werden die Früchte vor dem Verzehr gründlich gewaschen, um mögliche Keime auf der Schale zu entfernen. Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, isst nicht zu große Mengen auf einmal. Gegen ein Glas Wasser zum Obst ist sicher nichts einzuwenden.
Beim Einkauf hilft ein genauer Blick. Kirschen müssen reif, prall und unbeschädigt sein. Idealerweise glänzt die Schale, und der glatte Stiel sitzt fest an der Frucht. Im Kühlschrank bleibt das Obst länger frisch. Wichtige Inhaltsstoffe sind neben Zucker und Fruchtsäuren Kalium, Eisen, B-Vitamine, Folsäure und Anthucyane”.