Klostermedizin und moderne Heilkunde nutzen die Johannisbeere. Im August 1999 wurde die Forschergruppe Klostermedizin als ein gemeinsames Projekt des Instituts für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg und Abtei gegründet. Zweck der Kooperation ist es, das historische Heilwissen der Klöster aufzuarbeiten und gegebenenfalls für moderne Therapien nutzbar zu machen. In einem ersten Schwerpunkt widmen sich die Mediziner, Historiker, Chemiker und Biologen der Forschergruppe den Erkrankungen der Haut.
Interessant ist dabei die Johannisbeere, die in jüngster Zeit eine Bedeutung bei einem Mangel an Gamma-Linolensäure, wie er bei Neurodermits vorkommen kann, erhalten hat. Und kürzlich entdeckte die Forschergruppe nach gezielter Suche in alten Quellen: Schon im 12. Jahrhundert verwendete man die Johannisbeere bei Hautproblemen. Wusste man in der alten Erfahrungsmedizin bereits, was moderne Analysemethoden und klinische Studien heute dokumentieren? Die Rote bzw. Schwarze Johannisbeere ist ein ausgezeichneter Vitamin-C-Lieferant, die Blätter verwendet man u. a. in Arznei-Tees zur Durchspülung. Die Schwarze Johannisbeere ist darüber hinaus in einigen Kulturkreisen Symbol für Gesundheit und ein langes Leben. Als klassische Heilpflanzen werden die Sträucher mit den wohlschmeckenden Früchten heute allerdings nicht angesehen. Vielleicht zu unrecht!
Die moderne medizinische Forschung gibt ihr nämlich einen neuen Stellenwert: Das Kernöl der Schwarzen Johannisbeere enthält einen sehr hohen Anteil an Gamma-Linolensäure (GLS), einer Fettsäure, denen es Kindern und Erwachsenen, die an Neurodermitis leiden, mangeln kann. Dadurch kann es zu Störungen in der Abwehrfunktion der Haut und zu einer Schwächung des Immunsystems kommen. Um die Schutz- und Barrierefunktion der Haut und auch ihr Bindevermögen für Feuchtigkeit wiederherzustellen, muss die GLS über die Nahrung zugeführt werden. Mit der normalen Mischkost gelingt das nicht, wohl aber mit einem Nahrungsergänzungsmittel, das die Gamma-Linolensäure aus rein biologischen Quellen in konzentrierter Form enthält. Mit diesem Wissen starteten Prof. Dr. Dr. Gundolf Keil und seine Arbeitsgruppe eine Recherche in den überwiegend mittelalterlichen Schriften der klösterlichen Heilkunde.
Der Mediziner und Historiker ist Leiter der Forschergruppe Klostermedizin. In ihr arbeitet das Institut für Geschichte der Medizin, Universität Würzburg, mit Abtei, Tochter des weltweit aktiven Pharma-Unternehmens SmithKline Beecham, zusammen. Gemeinsam möchte man das klösterliche Heilwissen in seinem Nutzen für moderne Gesundheitskonzepte überprüfen. Tatsächlich wurde Dr. Johannes Gottfried Mayer, Mitglied der Forschergruppe, fündig. In dem Hauptwerk von Avicenna, dem berühmtesten persischen Arzt des Mittelalters, befand sich bereits ein Hinweis auf die Johannisbeere in Zusammenhang mit Hautproblemen.
Das Werk wurde schon im 12. Jahrhundert von christlichen Mönchen ins Lateinische übersetzt. Nach den Erkenntnissen der Forschergruppe Klostermedizin beschrieb auch im 15. Jahrhundert der Mainzer Geistliche Bernhard von Breidenbach die Johannisbeere als Therapeutikum bei Hauterkrankungen: In dessen Werk “Gart der Gesundheit” erfährt man, dass die Johannisbeere “gut wider rodeln und porpeln genannt morbilli varioli” sei. “Damit können”, so Dr. Mayer, “alle möglichen Formen von Hautausschlag gemeint sein, die mit einer Hautrötung, Quaddeln und Pusteln einhergehen. Heute erst erkennen wir die Ähnlichkeit mit einem neurodermitischen Erscheinungsbild.” Das Beispiel “Johannisbeere” zeigt, wie sinnvoll die Arbeit der Forschergruppe Klostermedizin als Vermittler zwischen historischem Heilwissen und moderner Therapie ist. Durch die richtige Interpretation der alten Quellen wird man vielleicht wertvolle Hinweise auf vergessene Naturheilmittel gewinnen können. Bereits heute nutzt Abtei die Gamma-Linolensäure in den Haut Concept Kapseln, die in Drogerien, im Lebensmittelhandel sowie in Apotheken zur Nahrungsergänzung angeboten werden. Die GLS wird dabei aus dem Kernöl der Schwarzen Johannisbeere und dem Öl der Nachtkerze gewonnen. Auf die Nachtkerze wird man beim Studium der mittelalterlichen Literatur, auf die sich die Forscher-gruppe Klostermedizin zunächst konzentriert, kaum stoßen. Diese Pflanze wurde erst 1612 in Europa eingeführt und stammt aus Nordamerika. Dort heilten die Algonkin-Indianer schon vor 500 Jahren Hautausschläge, indem sie die Samen der Nachtkerze zerstampften und auf die betreffenden Stellen legten.
Wenn im Fettstoffwechsel Gamma-Linolensäure fehlt, kann die Haut ihre Fähigkeit zur Speicherung von Feuchtigkeit verlieren. Das größte Organ des Körpers wird trocken und reizempfindlich. Juckreiz und ein verletztes Hautbild, wie bei der weit verbreiteten Hauterkrankung Neurodermitis, sind die Symptome. Von wissenschaftlicher Seite wird zur Linderung der Beschwerden die bewußte Zufuhr hochwertiger Fettsäuren, insbesondere der Gamma-Linolensäure (GLS), empfohlen. Diese Nahrungsergänzung kann für Betroffene eine langfristige Linderung der Beschwerden bedeuten. Mehr als fünf Millionen Erwachsene und Kinder in Deutschland leiden unter trockener, spröder oder empfindlicher Haut. Das Krankheitsbild ist individuell unterschiedlich. Typische Merkmale der weit verbreiteten Neurodermitis sind zum Beispiel sporadisch auftretende Entzündungen mit dem Auftreten kleiner Bläschen, die nach kurzer Zeit aufplatzen. Quälender Juckreiz breitet sich rund um die verletzten Hautpartien und nässenden Wunden aus. Während die Symptome bei kleinen Kindern in erster Linie im Gesicht auftreten, sind mit zunehmendem Alter der jungen Patienten die Kniebeugen und Ellenbogeninnenseiten betroffen. In schweren Fällen breiten sich die Ekzeme aber auch über Hals, Hand- und Fußgelenke sowie den Handrücken aus. Erwachsene leiden vor allem unter Hautausschlägen im Kopfbereich und an den Händen. Die Auslöser von Hauterkrankungen wie der Neurodermitis können unterschiedlicher Natur sein. Genetische Veranlagung, Psyche, Ernährung und die Abwehrfähigkeit des Immunsystems spielen eine wesentliche Rolle. Eine Störung im Fettstoffwechsel der Haut scheint ursächlich für den Ausbruch der Erkrankung mitverantwortlich zu sein. Ungesättigte Fettsäuren aus der Nahrung, in erster Linie die Linolsäure, wird bei gesunden Personen im Stoffwechsel durch Enzyme in Gamma-Linolensäure umgewandelt und in die Hautlipide eingebaut, die wiederum für die Barrierefunktion der Haut von entscheidender Bedeutung sind. Bei vielen Patienten mit Neigung zu reizempfindlicher Haut bis hin zur Neurodermitis ist dieser Prozeß vermutlich blockiert.
Aufgrund dessen kann ein Mangel an essentiellen Fettsäuren in den Zellen zu Veränderungen des Hautbildes führen. Die Haut verliert ihre Schutz- und Barrierefunktion und auch das Bindungsvermögen für Feuchtigkeit läßt nach. Verminderte Abwehrfähigkeit und Austrocknen sind die ersten Folgen. Eine Unterversorgung mit Gamma-Linolensäure kann sowohl eine reduzierte Abwehrfähigkeit unseres größten Organs, der Haut, als auch eine direkte Schwächung des Immunsystems bedeuten. Das Fehlen dieser Fettsäure kann zu Irritationen im Hormonstoffwechsel führen. Man geht davon aus, daß Immunglobulin E, welches für die Entzündungsreaktion verantwortlich ist, in erhöhter Menge gebildet wird, entzündungshemmende Hormone der Prostaglandin-Gruppe hingegen in vermindertem Maß. Diese Prostaglandine sind außerdem für die Aktivierung der T-Helferzellen, wichtige Strukturen des körpereigenen Abwehrsystems, verantwortlich. Um den Krankheitsverlauf bei GLS-Mangel positiv zu beeinflussen, müßte ein Ansatz für die Dauer-Therapie demnach in der Regulation des Fettstoffwechsels liegen. Doch ist bisher nur eine Linderung der Symptome und eine Stabilisierung der Gesundheit möglich. Klinische Studien dokumentieren, daß bei der in Schüben verlaufenden Hautstoffwechsel- störung Neurodermitis in zwei Drittel aller Fälle durch die Zufuhr von mindestens 240 mg hochwertige Gamma-Linolensäure eine ausgezeichnete Wirkung auf den Krankheitsverlauf erzielt werden kann. Gravierend ist die Verbesserung des Hautbildes, die Reduktion der akuten Entzündungs- phasen und eine Abschwächung des Juckreizes. Als besonders wirkungsvoll haben sich die Gamma-Linolensäuren aus Nachtkerzenöl und schwarzem Johannisbeerkernöl erwiesen. Die Verwendung aktiver Gamma-Linolensäure aus hochwertigen pflanzlichen Quellen gewährt eine ausgezeichnete Verträglichkeit, auch für Kinder. Die Schutzfunktion der Haut kann verbessert und übermäßiger Feuchtigkeitsverlust verhindert werden. Als Nahrungsergänzung sollte Gamma-Linolensäure kontinuierlich zugeführt werden. Das ist wichtig, weil sich die Haut stetig im 28-Tages-Rhythmus erneuert und auch in den neuen Hautschichten die Schutzfunktion wieder aufgebaut werden muß.