Es gab Zeiten, da gab es gar nichts anderes, als ein Kondom. Ob das immer wirklich beliebt oder sicher war, darüber lässt sich auch heute noch diskutieren. Dann kam die Erlösung für alle, die, auch aus gesundheitlichen Gründen, das Kondom nicht nutzen konnten. Die Antibaby-Pille sorgte, nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Männern, für die ersehnte Erlösung vom ungeliebten Gummi. Keine Frage, die Pille blieb von nun ab für viele Jahrzehnte ganz oben im Ranking der wichtigsten Verhütungsmittel.
Doch ein halbes Jahrhundert später hat sich das Verhalten wieder geändert. Laut den vorliegenden Studiendaten1 der BZgA zum Verhütungsverhalten Erwachsener ist die Pille nicht mehr die Nummer Eins, sondern, wie schon seit einigen Jahren, weiter rückläufig. Dies zeigen erste Ergebnisse der repräsentativen Wiederholungsbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zum Verhütungsverhalten Erwachsener 2023: im Jahr 2023 nutzten 38 Prozent die Pille, im Jahr 2007 waren es noch 55 Prozent der Befragten. Mit 53 Prozent wird das Kondom nun erstmals seit 2007 mit 36 Prozent deutlich häufiger als die Pille zur Verhütung eingesetzt.
Ursache dieser grundlegenden Veränderung im Verhütungsverhalten ist eine zunehmend kritische Einstellung zu hormonellen Verhütungsmethoden.
61 Prozent der Frauen und Männer stimmen der Aussage zu, dass Verhütung mit Hormonen „negative Auswirkungen auf Körper und Seele“ hat – im Jahr 2018 stimmten lediglich 48 Prozent dem zu. 15 Prozent der verhütenden Frauen begründen die Wahl ihres Verhütungsmittels mit einer generellen Ablehnung der Pille oder hormoneller Verhütung. Vor zwölf Jahren gab dies lediglich 1 Prozent der Frauen an.
Dazu erklärt Dr. Johannes Nießen, Errichtungsbeauftragter des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) und kommissarischer Leiter der BZgA: „Sichere und zuverlässige Verhütung ist sexuell aktiven Erwachsenen wichtig. Dabei sind gesundheitliche Aspekte und die Verträglichkeit entscheidender für die Wahl des Verhütungsmittels als noch vor einigen Jahren. Für mehr als die Hälfte der Befragten ist das Kondom Verhütungsmittel Nummer eins und schützt sie damit zugleich bestmöglich vor sexuell übertragbaren Krankheiten.“
Besonders wichtig für die Befragten war neben einer guten Verträglichkeit auch die Zuverlässigkeit der Verhütungsmethode. Laut Angaben waren bei den sexuell aktiven Erwachsenen für 39 Prozent Zuverlässigkeit und für 30 Prozent einfache Anwendung wichtige Kriterien bei der Wahl der Verhütungsmethode. Für 25 Prozent aller Befragten zählt eine gute Verträglichkeit mittlerweile zu den wichtigsten Faktoren bei der Wahl der Verhütungsmethode.
Der Anteil der Befragten, die verhüten, ist mit insgesamt 70 Prozent im Jahr 2023 nahezu unverändert zu 71 Prozent im Jahr 2018. Mit steigendem Alter und höherer Wahrscheinlichkeit eines Kinderwunschs ändert sich die Verhütung. Auch die Kosten eines Verhütungsmittels spielen für 19 Prozent aller Frauen und Männer eine wichtige Rolle. Dies bestätigen 30 Prozent der Frauen, 34 Prozent der jüngsten Befragten und 39 Prozent mit geringem verfügbarem Einkommen.
Was den persönlichen Kenntnisstand betrifft, so halten sich mit 94 Prozent fast alle der 18- bis 49-jährigen Befragten für „sehr gut“ oder „gut“ über das von ihnen verwendete Verhütungsmittel informiert. Für 73 Prozent der Frauen ist die gynäkologische Beratung die mit Abstand wichtigste Informationsquelle für ihre angewendete Verhütungsmethode. Immer mehr Menschen informieren sich im Internet zum genutzten Verhütungsmittel. 2018 zählten Internetseiten für 40 Prozent der Männer und für 29 Prozent der Frauen zu den wichtigsten Informationsquellen; heute geben dies 49 Prozent der Männer und 47 Prozent der Frauen an.
Grundlage: Repräsentative Telefon-Wiederholungsbefragung zum Verhütungsverhalten Erwachsener 2023 im Zeitraum 08-09 2023 bei 1.001 sexuell aktive Erwachsenen im Alter von 18 bis 49 Jahren. ↩
Antibabypille
Verhütungsmethoden