Jeden dritten Menschen plagt eine Allergie, verursacht zum Beispiel durch Nahrungsmittel, Pilze, Hausstaubmilben oder saisonal bedingt auf Grund von Pollen. Letztere sind auch die größte Gruppe: Rund 800 Millionen Menschen weltweit leiden in irgendeiner Form unter einer Allergie gegen Pollen mit den üblichen Symptomen wie Schnupfen, Husten und schweren Atemproblemen. In Österreich hat jede/r Fünfte eine Pollenallergie. ForscherInnen der MedUni Wien haben sich nun zum Ziel gesetzt, Kamele mit Pollenallergenen zu immunisieren, um schwere Einzelketten-Antikörper für die passive Behandlung von Pollenallergien zu gewinnen.
Warum ausgerechnet Kamele? „Kamele haben die seltene Eigenschaft, Antikörper zu produzieren, die aus nur einer Kette bestehen“, erklärt Sabine Flicker, Leiterin der Antikörper-Arbeitsgruppe am Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien: „Die isolierten Einzelketten-Antikörper werden auf ihre Wirksamkeit getestet, spezifische Immunglobuline E-Antikörper (IgE) daran zu hindern, an Allergene zu binden und somit die Auslösung einer Pollenallergie zu unterdrücken.“
Üblicherweise kommen Allergene bei einer allergischen Reaktion in Kontakt mit den bei der Sensibilisierung entstandenen IgE-Antikörpern. Diese „bewaffnen“ spezielle Zellen, vor allem die Mastzellen. Werden die Allergene erneut aufgenommen, binden diese an zellgebundene IgE-Antikörper, aktivieren so die Mastzellen und diese setzen nun Botenstoffe frei, die für die allergische Entzündung und Beschwerden verantwortlich sind – die Allergie ist „geboren“.
In einem Kooperationsprojekt der Russischen Akademie der Wissenschaften und der MedUni Wien werden nun Allergene in Kamele injiziert, um diese zu immunisieren. Aus dem Blut der immunisierten Kamele werden mit einer leistungsstarken Technologie, der Nanobody-Technologie, Allergen-spezifische Einzelketten-Antikörper gewonnen. Diese hoch entwickelte Technik kommt zum ersten Mal für die Erzeugung von Allergen-spezifischen Antikörpern zum Einsatz. Man verspricht sich davon, eine große Anzahl von spezifischen Einzelketten-Antikörpern generieren zu können. „Die Einzelketten-Antikörper können wir als rekombinante Proteine im Labor herstellen und auf ihr schützendes Potential austesten. Jene Einzelketten-Antikörper, die IgE Bindung an Allergene verhindern, fungieren praktisch als Stoppschild für die Allergie“, erklärt die MedUni Wien-Forscherin.
In acht bis zehn Jahren, so die WissenschafterInnen, könnten diese neuen Erkenntnisse zu einer lokalen Behandlung (Nasenspray, Augentropfen) gegen saisonale Pollenallergien führen.
Allergie
Pollensaison