Fast alle Diabetespatienten können am Straßenverkehr teilnehmen, sowohl im Privat-Pkw als auch beruflich als Busfahrer, im Lastwagen oder Taxi. Das ist die zentrale Aussage der Leitlinie Diabetes und Straßenverkehr, die erstmals in Europa auf wissenschaftlich fundierter Grundlage die Fahrtauglichkeit bei Diabetes bewertet.
Damit liegen jetzt klare Handlungsempfehlungen vor für mehr als sechs Millionen Patienten in Deutschland, für Ärzte, Verkehrsmediziner, Amtsärzte, Diabetesberater, Psychologen, Behörden und Versicherungsfachleute. Fahruntauglichkeit kann vor allem bei wiederholten schweren Unterzuckerungen oder Schlaf-Apnoe-Syndrom gegeben sein, wie Experten auf einer Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) anlässlich der Vorstellung der neuen Leitlinie erklärten.
Bislang gab es keine anerkannten medizinisch-wissenschaftlichen Grundsätze zur Bewertung der Fahreignung bei Diabetes. „Damit bestand eine erhebliche haftungsrechtliche Grauzone für Ärzte und Behandlungspersonal“, erläutert Rechtsanwalt Oliver Ebert, Koordinator und Mitautor der Leitlinie, zugleich Vorsitzender des Ausschusses Soziales der DDG. In Deutschland ist schätzungsweise jeder zehnte Führerscheininhaber von Diabetes betroffen, fast sechs Millionen Diabetespatienten in Deutschland besitzen einen Führerschein.
Wichtige Gründe, die Fahreignung zu verlieren, sind eine unbehandelte Schlaf-Apnoe oder wiederholte schwere Unterzuckerungen. „Bei zwei schweren Unterzuckerungen im Wachzustand innerhalb eines Jahres darf man zunächst nicht mehr Auto fahren“, berichtet Holl. Aber die Leitlinie zeigt auch Möglichkeiten auf, die Gefahr von Unterzuckerungen zu verringern und die Fahrtauglichkeit damit wiederzuerlangen – etwa durch eine Medikamenten-Umstellung, Wahrnehmungsschulungen oder eine kontinuierliche Glukosemessung mit akustischer Warnfunktion. Außerdem gibt die Leitlinie praktische Tipps zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. „Jeder Insulinpatient sollte vor Fahrtantritt den Blutzucker messen und schnellwirkende Kohlenhydrate etwa in Form von Traubenzucker im Auto griffbereit haben“, sagt Holl.
Eine vorübergehende Fahruntauglichkeit liegt bei schweren Stoffwechselentgleisungen, in der Einstellungsphase auf Insulin, aber auch bei anderen wichtigen Therapieumstellungen oder Dosisänderungen vor – sie gilt, bis der Blutzuckerstoffwechsel stabil ist.
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