Ein hohes bzw. sehr hohes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse trifft auch Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung (chronic kidney disease, CKD). Der LDL-C-Zielwert für diese Patienten liegt gemäß der Leitlinie < 55 mg/dl (< 1,4 mmol/l). Außerdem soll der LDL-C-Ausgangswert um mindestens 50 Prozent gesenkt werden. Werden diese Ziele bei einem Patienten trotz maximal tolerierter Statindosis ± Ezetimib nicht erreicht, sehen ESC und EAS den Einsatz eines PCSK9-Inhibitors wie Alirocumab (Praluent®) vor.
Wie gut das Erreichen der Zielwerte für LDL-Cholesterin (LDL-C) mit der einmal monatlichen Gabe des PCSK9-Inhibitors Alirocumab (Praluent®) gelingen kann, machte Professor Dr. Klaus Parhofer1, München, anhand einer Kasuistik deutlich: Ein heute 68 Jahre alter Patient, bei dem bereits mit 35 Jahren eine Bypass-Operation nötig war und dessen Familienanamnese bezüglich koronarer Herzerkrankung (KHK) und Schlaganfall positiv war, wies trotz Rosuvastatin und Ezetimib einen LDL-C-Wert von 121 mg/dl (3,1 mmol/l) auf. Um den Zielwert von < 55 mg/dl (< 1,4 mmol/l) zu erreichen, wurde er im Mai 2021 zusätzlich auf Alirocumab 300 mg einmal monatlich eingestellt. Im August 2021 lag das LDL-C bei 54 mg/dl (1,4 mmol/l). Die Therapie wurde gut vertragen und dem Patienten fiel die Applikation von Alirocumab leicht. „Die einmal monatliche Gabe erleichtert dem Patienten die Therapie, kann die Adhärenz verbessern und könnte künftig dazu beitragen, dass mehr Patienten die LDL-C-Zielwerte erreichen“, kommentierte Parhofer den Fallbericht.
Ein LDL-C-Zielwert < 55 mg/dl (< 1,4 mmol/l) wird in der aktualisierten Leitlinie zur Behandlung von Dyslipidämien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) empfohlen für Menschen mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko – beispielsweise Menschen mit einer dokumentierten kardiovaskulären Erkrankung oder Menschen mit Diabetes und Endorganschaden. Außerdem soll eine mindestens 50-prozentige Senkung des LDL-C-Ausgangswertes erreicht werden.1 Werden diese Ziele bei einem Patienten trotz maximal tolerierter Statindosis ± Ezetimib nicht erreicht, sehen ESC und EAS in ihrer Leitlinie mit dem Empfehlungsgrad IA den Einsatz eines PCSK9-Inhibitors wie Alirocumab vor.
Basis dieser Empfehlung sind die Ergebnisse von Endpunktstudien wie ODYSSEY OUTCOMES: Diese bisher längste kardiovaskuläre Outcome-Studie mit einem PCSK9-Inhibitor unterstreicht das Potenzial einer konsequenten LDL-C-Senkung bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten: Erreichten sie unter Alirocumab einen LDL-C-Zielwertbereich von 25 bis 50 mg/dl (0,6 bis 1,3 mmol/l), sank das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (4-Punkt-MACE)§ signifikant (p<0,001). Außerdem traten numerisch weniger Todesfälle auf.
Von der Behandlung mit dem PCSK9-Hemmer profitierten Patienten umso mehr, je höher ihr individuelles Risiko war. Determinanten für den klinischen Nutzen von Alirocumab sind unter anderem eine Mehr-Gefäßbett-Erkrankung,3 ein Diabetes mellitus4 und eine vorbestehende koronare Bypass-Operation.
Erfreulich ist dabei das Sicherheitsprofil von Alirocumab: Die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse und Laboranomalien war in der Alirocumab- sowie der Placebogruppe ähnlich – außer: Unter dem PCSK9-Inhibitor traten mehr Reaktionen an der Einstichstelle auf als unter Placebo.
Trotz der großen Evidenz für die Effektivität einer adäquaten LDL-C-Senkung sieht die Behandlungsrealität anders aus: Sechs bis zehn Wochen nach Entlassung aus dem Krankenhaus wegen eines Myokard-Infarktes waren nur 17 Prozent der Patienten im Zielbereich – obwohl 85 Prozent von ihnen eine Hochdosis-Statintherapie erhielten. Einer Simulation zufolge könnten unter einem PCSK9-Inhibitor 90 Prozent der Patienten den Zielbereich erreichen. Bestätigt wird diese Einschätzung durch aktuelle Daten von Landmesser et al., die zeigen, dass unter Alirocumab 94,6 Prozent der Patienten einen LDL-C-Wert < 55 mg/dl (< 1,4 mmol/l) erreichen im Vergleich zu Placebo mit 17,3 Prozent.
Daten aus dem deutschen Versorgungsalltag legen nahe, dass PCSK9-Inhibitoren nur dann zum Einsatz kommen, wenn die LDL-C-Werte trotz Statintherapie sehr hoch bleiben: So lag in der Real-World-Studie PEARL der LDL-C-Ausgangswert der Patienten bei 181 ± 61 mg/dl (4,7 ± 1,6 mmol/l),8 während ODYSSEY OUTCOMES die Vorteile einer Therapie mit Alirocumab bei einem medianen LDL-C-Ausgangswert von 92 mg/dl (2,4 mmol/l) demonstrierte.“, so Parhofer.
Online-Pressegespräch vom 16.September 2021 ↩