Deutsch ist nicht gleich Deutsch, ja das weiß man spätestens dann, wenn man seinen Sommerurlaub im eigenen Land verbringt! Denn Dialekt und Alltagssprache sind häufig von Region zu Region verschieden. Ganz besonders viele Wortvarianten zeigen sich bei Speisen und Getränken. So isst der Norddeutsche gerne ein leckeres Fischbrötchen, wohingegen dem Bayer nichts über seine Leberkässemmel kommt. All jenen, die beim deutsch-deutschen Get-together gleich auf gute Verständigung setzen, sollten wissen, wo die scheinbaren Grenzen1 zwischen Brötchen, Schrippe und Semmel, Kneipe, Wirtschaft und Beiz oder Tschüss, Tschau und Pfiat di zu finden sind.
Wer im Urlaub ein Geschäft betritt oder Einheimische auf der Straße grüßt, sollte neben dem üblichen Hallo oder dem formellen Guten Tag die regionalen Unterschiede kennen. Beginnend im Norden sagt man in Schleswig-Holstein, Hamburg, Nordniedersachsen und Bremen in der Regel „Moin“ oder „Moin Moin“. Dabei wünscht man sich, wie vielleicht angenommen, keinen guten Morgen, sondern nutzt die Abkürzung vom plattdeutschen „moien Dag“ („Guten Tag“). Im Süden Deutschlands, südlich der Mittelgebirge und östlich des Rheingrabens sowie in Österreich ist „Grüß Gott“ die häufigste Grußformel. Ein „Servus“ bekommt man in Teilen Bayerns und vereinzelt auch in Österreich zu hören. Im Norden und Osten der deutschsprachigen Schweiz sagt man überwiegend „Grüezi“ oder auch „Hoi“, genau wie im benachbarten österreichischen Vorarlberg und vereinzelt auch in Südtirol.
Verabreden sich Hamburger und Schwaben zu Mittag, sollte unbedingt die genaue Uhrzeit festgelegt werden. Die Mittagszeit definieren der Norden nämlich oft anders als der Süden, genauso wie der Westen und Osten. Eine klare regionale Regelung gibt es nicht, jedoch zeigt die Tendenz, dass im östlichen deutschen Sprachgebiet die Mittagszeit bereits ab elf Uhr beginnt, im Westen, vor allem im Nord- und Südwesten, beginnt mittags ab 12 Uhr. Auch interessant ist die Frage, bis wann man von der Mittagszeit spricht. In Baden-Württemberg und in Teilen der Pfalz kann sich der Mittag im Volksmund noch über 15 Uhr strecken.
Sprachliche Diversität gibt es nicht nur bei der Tageszeit, sondern auch bei der Uhrzeit. Ob es nun richtig „viertel nach XY“ oder „viertel XY“ heißt, ist nicht bekannt. Beide Varianten sind schlüssig, wobei der Osten und Süden von Deutschland von “Viertel zwölf” spricht und der Norden und Westen „viertel nach elf“ sagt. Eine ähnliche Konstellation bietet auch Österreich, wobei es hier in einigen Landesteilen sowie in der Schweiz auch noch die Abwandlungen gibt „viertel über“ oder „viertel ab“.
Je nachdem in welcher Region man gerade ist und isst, können andere Namen für Speisen und Getränke zu Verwirrungen führen. Bestellt man ein Bier mit Limonade, ist regionale Namenskunde gefragt. Einer nicht ganz ernstzunehmenden Legende nach, hat das „Radler“ im 20. Jahrhundert Gastwirt Franz Xaver Kugler in seiner Gaststätte Kugler Alm bei München erfunden. An einem Sonntag drohte das Bier auszugehen, da viele Radfahrer bei ihm einkehrten. Kurzerhand strecke der Gastwirt seinen Gerstensaft mit Limonade, was den Gästen sehr mundete. Bald sprach sich das neue Mixgetränk bis in den hohen Norden rum. Hier kam aber schnell der Name „Alsterwasser“ auf, da die Biermische an die damalige Farbe des Hamburger Binnengewässers erinnerte. Die Alster/Radler-Grenze zieht sich quer von Nordosten in Neubrandenburg bis in den Südwesten bei Prüm in Rheinland-Pfalz. Übrigens ist das Limo-Bier in Württemberg und auch in Teilen Bayerns als „Russ“ oder „Russe“ bekannt.
Der Norddeutsche freut sich auf frische Brötchen, der Bayer beißt in seine Semmel und wer redet eigentlich von Schrippe? Die beliebte runde Teigware, die insbesondere vom Frühstückstisch nicht wegzudenken ist, hört auf viele Namen. Dabei ist „Brötchen“, abgeleitet von Brot, in Deutschland am weitesten verbreitet. Vor allem bei Nord- und Mitteldeutschen, wie in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern oder Nordrhein-Westfalen, ist der Begriff allgegenwärtig – an der Küste insbesondere in Form eines leckeren Fischbrötchens. Steht man im Süden, Osten oder Südosten Deutschlands beim Bäcker bestellt man „Semmeln“ – so wie in Bayern, Teilen Thüringens, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Der Ausdruck stammt vom lateinischen Wort „simila“ („fein gemahlenes Weizenmehl“). Die Berliner nennen ihr rundes Weizengebäck „Schrippe“, die „Wecken“, „Wegli“ oder „Weckerle“ sind in Südwestdeutschland sowie der Schweiz zu Hause und in Oberfranken heißt es auch: „Vier frische ‚Laabla‘ bitte“.
Neben Frikadellen versus Buletten, Krapfen versus Berliner oder Kartoffelpuffer versus Reibekuchen ist das Brathähnchen ein besonders wortreiches Exemplar in der deutschen Sprache. Das Hähnchen, Grillhähnchen oder Brathähnchen ist im Nordwesten und Westen Deutschlands, Teilen Baden-Württembergs und sogar Ostbelgien üblich. Der „Broiler“ gilt als „DDR-Deutsch“, ist aber immer noch in Teilen Ostdeutschlands, vor allem aber im nördlichen Brandenburg, angesagt. Auf „Gockel“, „Gockerl“ oder „Göckele“ stößt man auf einer imaginären Schlemmerlinie vom oberfränkischen Rehau bis unterhalb von Stuttgart in Baden-Württemberg. Im Südosten Deutschlands, Österreich und Südtirol spricht man von „Hendl“, in Vorarlberg von „Hennele“ und in Teilen Badens und Frankens von „Hähnle“.
Unter Einhaltung der Hygienevorschriften ist auch der feuchtfröhliche Einkehrschwung in eine Gaststätte wieder möglich. In die „Kneipe“ gehen die Norddeutschen, wobei das Wort vom münsterländischen Verb „knipen“ also „quetschen“ stammt und das lustig-enge Beisammensein in einer Schankwirtschaft beschreibt. In Süddeutschland und Teilen Westdeutschlands findet man neben der Kneipe auch den etwas vornehmeren Begriff „Wirtschaft“. Im östlichen Bayern oder Nordosten Österreichs gehts ins „Wirtshaus“ und die Varianten „Beiz“, „Boiz“, „Boaz“ oder „Beisel“ finden Trinkfreudige in der Schweiz.
Nach einem erlebnisreichen Urlaubstag kommt die schönste Mahlzeit des Tages – das Abendessen. Doch halt: Auch bei diesem Begriff schlägt das Sprach-Navi Alarm, wenn es um den richtigen Ausdruck in der jeweiligen Region geht. „Abendessen“ ist das am häufigsten verwendete Wort. Dieses zieht sich vom nördlichen Nordrhein-Westfalen bis ins südliche Saarland und Rheinland-Pfalz sowie von der Landesgrenze Thüringen-Bayern bis nach Südtirol. Von Mitteldeutschland bis in den hohen Norden spricht man weitverbreitet von „Abendbrot“. In Baden-Württemberg ist „Vesper“ ein üblicher Begriff, wobei dieser eher kleinere Mahlzeiten beschreibt und auch eine nachmittägliche Brotzeit (Vesperplatte) ausdrückt. Besonders in der nördlichen Schweiz heißt das Dinner „Znacht“.
Danke hört doch jeder gern. Dabei ist es besonders schön, wenn man um die regionale Wortkunde dieser Höflichkeitsform weiß. Die gute Nachricht: Im gesamten deutschsprachigen Raum ist man mit einem „Danke“ richtig. Etwas spezieller wird es in der Nähe der deutsch-französischen Grenze. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland ist ein „Merci“ nicht unüblich. In Bayern ist ein „Dang schee“ alltäglich, etwas spezieller ist hier das christliche „Vergelts Gott“.
Zu guter Letzt lohnt ein kurzer Sprach-Crashkurs für die Verabschiedung. „Tschüss“ mit umgangssprachlichen Abwandlungen wie „Tschüssi“ findet die meisten Sprachanhänger im deutschsprachigen Raum. Nur bei Bayern stößt die unkonventionelle Redensform auf wenig Akzeptanz. Das bayerische sowie österreichische Pendant ruft sich „Pfiat di“, „Pfiatenk“, „Pfiateich“ oder auch „Servus“. Anstatt „Auf Widersehen“ heißt es „Auf Wiederschauen“. In Österreich verabschiedet man enge Freunde oder seine Familie mit „Ba-Ba“. Hört man sich im Badischen, Schwaben oder der Schweiz um, heißt es „Adee“ oder auch „Adele“, abgeleitet vom nicht weit entfernten französischen Sprachgebiet mit „Adieu“. Übrigens wird das einfache Tschüss-sagen überregional gerne vom italienischen „Ciao“/“Tschau“ abgelöst, besonders in der Schweiz ist diese Verabschiedung, die auch gleichzeitig als Begrüßung gilt, etabliert.
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Quelle recherchierter Wortdiversitäten: www.atlas-alltagssprache.de von der Universität Salzburg. ↩