Die noch immer rätselhaften Gesundheitsprobleme nach COVID-Infektion sind schon seit längerem, insbesondere in Deutschland ein Thema. Viel diskutiert wird dabei die sogenannte Blutwäsche. Es verwundert deshalb nicht, dass sich Patient:innen hoffnungsvoll daran klammern. Denn Long COVID ist nicht nur extrem belastend, sondern kann bis hin zu Pflegebedürftigkeit und Frühberentung führen. Zu den möglichen, auftretenden Symptomen zählen u. a. Erschöpfung, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Husten, Muskelschwäche, Sprachstörungen. Über die Langzeitfolgen des Long COVID bzw. Post-COVID-Syndrom ist wissenschaftlich nur wenig bekannt. Und auch die Frage, warum manche Menschen Long COVID entwickeln, während die große Mehrheit der akut Erkrankten die Infektion problemlos übersteht, ist bislang nicht geklärt.
Jedes angebotene Therapieangebot erweckt daher Hoffnungen. Die Blutwäsche, fachsprachlich überschneidend als Plasmapherese bzw. Apherese bezeichnet, ist eine jener Hoffnungsträger. Dafür wird Blut der Betroffenen in größeren Mengen entnommen und in Zellen und Plasma aufgetrennt. “Das Plasma wird dann entweder von bestimmten Bestandteilen gereinigt und zusammen mit den Zellen wieder in den Kreislauf zurückgeführt. Oder es wird komplett mit den darin gelösten Stoffen entsorgt und der zelluläre Anteil zusammen mit einer Ersatzflüssigkeit (z. B. physiologische Kochsalzlösung) in den Körper zurückgegeben.” Diese äußerst aufwändige Technologie ist seit langer Zeit mit einer Reihe anderer Krankheit etabliert. Bei Long COVID hofft man auf Erfolg durch die Entfernung sogenannter Mikro-Gerinnsel. Denn sie sollen an der Entstehung der Probleme nach einer Covid-Infektion beteiligt sein.
Aber “sollen” heißt noch lange nicht, dass sie es auch sind. Und leider finden sich bislang weder verlässliche Studien dazu, noch gibt es andere glaubhafte Beweise. Dafür jedoch Zweifel an dem postulierten Wirkmechanismus. Dies verkündet ein aktueller Cochrane Review. Man hat sich auf die Suche nach randomisierten kontrollierten Studien zur Wirksamkeit solcher Ansätze einer Blutwäsche gemacht und keine einzige gefunden. Auch aktuell laufende Studien, die diese Evidenzlücke bald schließen könnten, ließen sich nicht identifizieren.
Was man bei der Suche nach Evidenz aus Laborstudien für den postulierten Zusammenhang zwischen den Partikeln im Blut und COVID fand, sind immerhin fünf identifizierte Studien. Sie zeigen, dass der Begriff „Mikro-Gerinnsel“ medizinisch nicht passend ist. Denn solche Partikel sind sowohl bei Patient:innen mit Long COVID als auch bei Gesunden zu finden, also kein spezifisches Merkmal von Long COVID.
Das ernüchternde Fazit der Cochrane Review lautet daher: “Es gibt keinen Grund für eine Plasmapherese zur Entfernung von Amyloid-Fibrin(ogen)partikeln beim Post‐COVID‐19‐Syndrom und es fehlen Daten über die Sicherheit dieser Behandlung. Patienten sollten keine Plasmapherese außerhalb einer ordnungsgemäß durchgeführten placebokontrollierten randomisierten klinischen Studie erhalten.“
Dank prominenter TV-Berichterstattung bei uns wird dieses Verfahren (H.E.L.P. steht für Heparin induzierte extrakorporale Lipoprotein/Fibrinogen-Präzipitation) jedoch gerade bei Betroffenen sehr diskutiert. Die H.E.L.P.-Aparese wurde ursprünglich zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen entwickelte. Zwar vermutet man, dass hier ein Wirkmechanismus die Entfernung des Gerinnungseiweißes Fibrinogen aus dem Blut als wichtiges Ziel hat, um die vermeintlich gestörte Durchblutung des Körpers bei Long COVID zu verbessern, aber brauchbare wissenschaftliche Daten dazu liegen bislang nicht vor.
Quelle: Cochrane Review
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