Bei den Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (kurz NMOSD) handelt es sich um eine Gruppe seltener Autoimmunerkrankungen, die zu einer schweren Schädigung des zentralen Nervensystems führen können. Die NMOSD zählen zu den Komplementerkrankungen.
Von einer seltenen Erkrankung spricht man, wenn weniger als 500 Menschen pro 1 Million Einwohner betroffen sind. Die NMOSD, die auch als Devic-Syndrom bezeichnet wird, tritt bei 10 bis 30 Personen pro eine Million Einwohner auf, d. h. in ganz Deutschland sind rund 2.000 Menschen erkrankt. Frauen sind dabei, wie so häufig bei Autoimmunerkrankungen, im Verhältnis 6:1 häufiger betroffen als Männer.
Charakteristisch für die NMOSD sind entzündliche Prozesse am Sehnerv und/oder im Rückenmark, die häufig zur Erblindung der betroffenen Patienten und/oder zu schweren Läsionen der Nervenzellen führen. Diese beeinträchtigen die Steuerung der Muskulatur, so dass rund ein Viertel der Betroffenen innerhalb von sechs Jahren nach Krankheitsbeginn auf einen Rollstuhl angewiesen ist.
Das Devic-Syndrom tritt in unvorhersehbaren Schüben auf, die meist nur schlecht abklingen und bleibende Schäden zur Folge haben. Im Krankheitsverlauf können häufig weitere Schübe beobachtet werden und somit schwerwiegende Behinderungen verursachen.
Anfangs zeigen sich bei NMOSD oftmals sehr unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Darm- und Blasenstörungen, Muskelkrämpfe oder aber auch sexuelle Dysfunktion. Es kann daher eine gewisse Zeit dauern, bis die korrekte Diagnose gestellt wird. Auf Grund eines ähnlichen Symptomspektrums kann das Devic-Syndrom auch mit der Multiplen Sklerose verwechselt werden. Jedoch existieren eindeutige diagnostische Kriterien, um die beiden Erkrankungen voneinander abzugrenzen.
Wenn die entzündlichen Prozesse am Sehnerv und den Nerven des Rückenmarks stärker ausgeprägt sind, kann dies zu einer Zerstörung von Nervenzellen mit einer Beeinträchtigung der Sehfähigkeit und einer gestörten Steuerung der Muskulatur führen. Dies betrifft sowohl die für die bewusste Bewegung zuständigen Muskeln des Bewegungsapparates als auch die unwillkürliche Muskulatur der Eingeweide von Darm und Blase.
Der NMOSD liegt eine fälschliche Aktivierung der Immunabwehr durch Autoantikörper zugrunde. Das sind Antikörper, die sich gegen den eigenen Körper richten und körpereigene Strukturen markieren. Bei NMOSD werden in rund drei Viertel der Fälle Aquaporin-4- (AQP4) -Antikörper nachgewiesen, die sich gegen Eiweiße richten, die Wasserkanäle in den Zellmembranen bilden. Können diese AQP4-Antikörper über die Blut-Hirnschranke in das zentrale Nervensystem gelangen, so markieren sie dort die auf speziellen Nervenzellen lokalisierten Wasserkanäle. Dies liefert für die menschliche Abwehr das Signal, diese Strukturen zu bekämpfen und damit körpereigene Zellen anzugreifen. Beteiligt ist bei dieser Reaktion das Komplementsystem, ein Teil des angeborenen Immunsystems. Es setzt eine Enzym-Kaskade in Gang, die beim gesunden Menschen die Abwehr von Eindringlingen ermöglicht. Bei NMOSD-Patienten kommt es stattdessen infolge der fälschlichen Markierung zu Entzündungsprozessen und zu einer Zerstörung der Nervenzellen.
Entscheidend für die erfolgreiche Therapie ist eine frühzeitige Erkennung des Devic-Syndroms, da schon eingetretene Schäden oft irreversibel sind. Dank Bluttests und klarer diagnostischer Kriterien kann der Arzt die seltene Erkrankung erkennen und eine zielgerichtete Behandlung einleiten. Dabei wird zwischen der akuten Behandlung bei einem Schub und der Schubprävention unterschieden, die weitere Schübe verhindern soll. Eine Heilung der NMOSD ist nicht möglich, jedoch kann der weitere Krankheitsverlauf dank gezielter therapeutischer Ansätze positiv beeinflusst werden.