Erika ist typischer Morgenmuffel – das Aufstehen ist einfach schrecklich. Und sie macht etwas, was Millionen Menschen tun: Sie zögert den Aufbruch, den Tagesbeginn hinaus, indem sie ihren Wecker um sieben Uhr das erste Mal klingeln lässt. Daraufhin dreht sie sich auf die andere Seite und döst weiter. Bis der Weckton sie 15 Minuten später wieder erschrickt, und das wiederholt sich täglich ein weiteres Mal, bis sie schließlich um halb acht dem Weckruf Folge leistet. Widerwillig natürlich. Was bringt es, nach dem ersten Weckerton noch einmal weiter zu schlafen?
Dieser Frage und anderen Schlafgewohnheiten ist jetzt die Wissenschaft nachgegangen, und sie kommt zu einem Urteil, das solche Morgenmuffel sicherlich gar nicht gern zur Kenntnis nehmen:
Kurze Schlafperioden sind nicht ideal. Sie mögen einem etwas Positives suggerieren, sind aber eher körper- und geistig-schädigend. Diese Ansicht vertritt beispielsweise der Schlafexperte Dr. Edward Stepanski vom Rush University Medical Center Chicago: Der „wippende Schlafrhythmus“, wie er die Weckmuffligkeit der Erika nennt, „verändert die normalen Hirnströme“. Darunter leide die „Schlafqualität“. Er erläutert: „Wer etwa vor dem eingeschalteten Fernsehgerät einschläft, erwacht irgendwann und irgendwie – meist durch ein unerwartetes Geräusch – regelrecht gerädert oder erschöpft. Genauso ist es bei einem, der seinen Wecker mehrmals klingeln lässt, um erst beim zweiten- oder vierten Male endlich aufzustehen“.
Schlaf ist nicht gleich Schlaf, argumentieren die Wissenschaftler. Der Schlaf einer Nacht, so deren weitere Erkenntnis, ist fünffach unterteilt, wobei die einzelnen „Stufen“ sich ständig ändern und überschneiden. Die Hirnwellen lösen diese Wechsel aus, wodurch sich leichter Schlaf von tiefem unterscheidet. Gegen Morgen kommt es zu einer Häufung, kommt es zur Vermehrung der so genannten schnellen Augenbewegungen, dem REM-Schlaf. Das ist auch die Zeit des Träumens, und in dieser Periode auch werden kürzliche Ereignisse und Erlebnisse im Hirn verarbeitet und gespeichert. Zurück zu Erika: Sie verkürzt durch ihr unorthodoxes Mehrfach-Weckergestelle, durch das wiederholte aus dem Schlafgerissenwerden ihre so wichtige REM-Phase – vor allem mit diesem Resultat: Ihre mentalen Funktionen werden während des gesamten Tages beeinträchtigt. Sie agiert und reagiert langsamer.
Schlimmer noch: Wer im Verlauf einer Woche täglich nicht genügend Schlaf bekommt – acht Stunden ist die wissenschaftliche Norm -, kann durch das mehrfache Wecken zum „geistigen Wrack“ werden, formuliert es die medizinische Schlafkapazität Dr. Stepanski, „besonders freitags“.
Man kann den Körper auch nicht übertölpeln, urteilt der Schlafexperte Dr. Timothy Roehrs, und er erläutert: Ist es jemand gewöhnt, sehr früh aufzuwachen, wird er das in der Regel auch an Tagen tun, an denen er Schlafmangel hat. Diesen Tag etwa durch ein Nickerchen, durch außerplanmäßiges Schlafen zu „retten“, bringt nichts. Im Gegenteil: Die so genannte Körperuhr gerät dann in Panik, tickt in ungewohntem Rhythmus, und der zusätzlich gewonnene Schlaf führt nur zu mehr körperlichem Unwohlsein. Geht jemand viel später als üblich zu Bett, fällt das Aufstehen schwerer, weil das Wachhormon Kortisol noch nicht in den erforderlichen Quantitäten zur Verfügung steht.
Wird jemand längerfristig des erforderlichen Schlafpensums beraubt, kommt es zu „Verhaltensstörungen“, so Dr. Roehl im Fachblatt „Sleep“. Das kann keinesfalls nur bei Bus- und Lastwagenfahrern katastrophale Konsequenzen haben. Die generellen Folgen sind Unaufmerksamkeit, Rücksichtslosigkeit, depressives Verhalten, Fahrigkeit – kurz: der Allgemeinheit drohen Gefahren. „Kreativität und Lebensbejahung leiden ebenfalls“, meint der Psychologe Dr. Arthur Spielman.
Was tun? „So schlafen, wie es der Körper fordert“, sagt einer der Schlafforscher.
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